Foto: Nicholas Rebol

Momentan bin ich als Postdoc am Institut für Philosophie II der Ruhr-Universität Bochum angestellt und arbeite dort im Bereich der Philosophie der Kognitionswissenschaft. Meine Forschung behandelt die Rolle von Begriffen für das Erklären kognitiver Fähigkeiten, wie z.B. Wahrnehmen, Denken, Handeln und Lernen. Begriffe sind für mich interessant, weil sie als eine Schnittstelle zwischen unserem Erleben der Welt und unserem Denken darüber bilden. Begriffe ermöglichen es uns, individuelle Erlebnisse zu bewerten und in größere Zusammenhänge zu bringen. Zum Beispiel ist meine Wahrnehmung eines bestimmten rötlichen Pilzes weder richtig noch falsch, aber sobald ich ihn als „essbar“ klassifiziere kann ich damit falsch liegen (mit möglicherweise fatalen Konsequenzen). Ich finde es erstaunlich, dass Kinder so rasant eine Vielzahl an Begriffen lernen, und das oft aufgrund einiger weniger Erfahrungen und Beispiele. Wie lässt sich das erklären? In meinen Untersuchungen zu dieser Frage beschäftige ich mich mit jüngsten Antworten und Modellen aus der Computerpsychologie.

Neuerdings arbeite ich außerdem an einem gemeinsamen Projekt in der Arbeitsgruppe Soziale Kognition zu Verschwörungsüberzeugungen (z.B. der Glaube, dass Signale von 5G-Netzwerken die COVID-19 Pandemie verursachten). Innerhalb dieses Projekts beschäftige ich mich mit der Frage, inwiefern solche Überzeugungen irrational sind.

Schon in der Schule habe ich Philosophie als ein herausforderndes, aber besonders erfüllendes Fach geschätzt. Nach meiner Schulzeit begann ich ein Bachelor-Studium in der Philosophie und Sozialwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum, wo mich die interdisziplinäre Forschung früh begeisterte. Ich schloss mein Studium mit einer experimentell-philosophischen Arbeit und Studie über die interkulturellen Einflüsse auf den Begriff des Schmerzes ab. Im Master-Studiengang der Kognitionswissenschaft an der Ruhr-Universität habe ich meine interdisziplinäre Ausbildung vertieft und mit einer empirisch-informierten philosophischen Arbeit zu Begriffslernen bei Kindern abgeschlossen.

Während meiner Studienzeiten war ich mehrmals im Ausland. So habe ich ein Erasmus-Semester an der Tallinn University of Technology verbracht und war ein Semester als Lehrassistentin im Fachbereich Philosophie an der Kultur- und Gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Salzburg tätig. Danach konnte ich über ein großzügiges Stipendium der School of Philosophy, Psychology and Language Sciences der University of Edinburgh dort mein Promotionsstudium fertigstellen.

In meiner Doktorarbeit zu Perceptual Categorisation, Bayesian Inference and Psychological Similarity untersuchte ich, inwiefern jüngste Ansätze aus der Computerpsychologie Kategorisierung und Begriffslernen erklären können. Dabei definierte ich Kategorisierung als die Fähigkeit, verschiedene Gegenstände unter einen gemeinsamen Begriff klassifizieren zu können. Ich behandelte Fragen wie: Warum kategorisieren wir die Dinge so, wie wir es tun? Nach welchen Prinzipien handeln wir dabei? Inwiefern sagen unsere besten computerpsychologischen Modelle solches Verhalten erfolgreich vorher und welche Informationen fehlen noch, damit WissenschaftlerInnen daraus Rückschlüsse über die Struktur der dahinterliegenden psychologischen Mechanismen ziehen können?

Um diese Fragen zu beantworten, verglich ich zwei existierende Ansätze. Der eine Ansatz erklärt Kategorisierung basierend auf einem Ähnlichkeitsprinzip: Wir ordnen Gegenstände demselben Begriff zu, weil wir sie als sehr ähnlich wahrnehmen. Ein Problem mit diesem Ansatz ist, dass Ähnlichkeit trivial erscheint und deshalb nicht ausreicht um zu erklären, warum wir die Dinge so kategorisieren wie wir es tun. Zum Beispiel kann ein heißer Kaffee ähnlich zu einem Sonnenbrand sein, insofern beide die Haut verbrennen. Trotzdem klassifizieren wir sie nicht gemeinsam. Ein alternativer Ansatz ist das wahrscheinlichkeitstheoretische Modell, nach dem zwei Gegenstände ähnlich sind, insofern sie sehr wahrscheinlich unter denselben Begriff fallen. Das ist nicht trivial, denn unter bestimmten Bedingungen kommen dafür nur wenige Begriffe infrage. In der Computerpsychologie werden diese beiden Ansätze oft als sich gegenseitig ausschließend verstanden. In meiner Arbeit argumentierte ich aber, dass sie sich gegenseitig zu einer einheitlichen Erklärung ergänzen. Außerdem zeige ich auf, dass so ein hybrides Modell mathematisch eleganter, vorhersagekräftiger, und psychologisch plausibler wäre, als jeder einzelne diese Ansätze. Der Ausblick meiner Arbeit ist eine Erweiterung dieses Arguments auf die Untersuchung von Kategorisierungen basierend auf abstrakten Ähnlichkeiten und Begriffen (z.B. Analogien und Metaphern).

Weitere Informationen zu mir, meiner Forschung und sonstigen wissenschaftlichen Aktivitäten finden sich auf meiner persönlichen Webseite.