Foto: Janine Hoffmann

Ich bin Philosophin in der Praktischen Philosophie: Digitalethik, Medizinethik und Feministische Philosophie sind meine Themen. Derzeit arbeite ich als wissenschaftliche Mitarbeiterin (Postdoc) in der Angewandten Philosophie an der Universität Bremen und beschäftige mich insbesondere mit philosophischen und ethischen Fragen der Digitalisierung. Angewandte medizinethische Problemstellungen bearbeite ich mit einer zugrundeliegenden Leidenschaft für philosophische Fragen. Und meine Sonntage verbringe ich gerne mit feministischer Literatur. Themen der Digitalisierung, Medizinethik und Feministischer Philosophie in meiner Forschung zu verbinden, empfinde ich als sehr reizvoll und bin davon überzeugt, dass wir an den Verbindungspunkten dieser doch sehr unterschiedlichen Bereiche viel für das gesellschaftliche Zusammenleben lernen können. In den kommenden Jahren möchte ich deshalb auch eine Habilitationsschrift an diesen Schnittstellen anfertigen.

Im Kontext der Feministischen Philosophie gehe ich zurzeit den Fragen nach, was Feministische Ethik(en) im Vergleich mit anderen Ethiken auszeichnet und ob Feministische Ethik(en) als Moraltheorien verstanden werden können. Dabei habe ich eine auf Feministischen Ansätzen beruhende strukturell-orientierte Moraltheorie im Blick. Meine Forschung im Bereich der Medizin- und Digitalethik hat mich auf diese Fragen gebracht. In den letzten Jahren habe ich mich viel mit ethischen und sozialen Implikationen der Digitalisierung beschäftigt. Insbesondere auf Algorithmen basierende Apps im Bereich Gesundheit haben mich beschäftigt: Apps zur Entdeckung von Depression, Symptom-Checker-Apps, Sleep Tracker und Apps im Bereich der Frauengesundheit. Ethische Konzepte, mit denen ich im Kontext dieser Gesundheits-Apps gearbeitet habe, sind Autonomie, Relationalität, Vulnerabilität, Vertrauen und Epistemische (Un-)Gerechtigkeit. In meiner Beschäftigung mit Digitalisierungsprozessen sind mir Benachteiligungen und Diskriminierungen und somit die Relevanz Feministischer Ansätze und Gedanken einer Ethik, die Strukturen in den Blick nimmt, bewusst geworden. Feministisch-ethische Perspektiven können helfen, soziale Ungleichheiten, ungerechte Strukturen und Benachteiligungen, zum Beispiel in Gesundheitssystemen oder bezüglich digitaler Entwicklungen, zu analysieren. Eine Theorie-Perspektive, die Strukturen fokussiert, kann die klassischen ethischen Theorien, die im Bereich von Gesundheit, Medizin und Digitalisierung zum Tragen kommen, etwa prinzipienorientierte oder utilitaristische Ethiken, kritisch hinterfragen und revidieren. Eine Ethik, die Strukturen zentriert, kann die klassischen Moraltheorien, die sich häufig am Individuum orientieren, ergänzen. Diese Gedankenlinien möchte ich in meinem Habilitationsprojekt weiterverfolgen und ausbauen.

Während meiner Promotion hat mich vor allem das normative Konzept der Autonomie und seine Ausgestaltungen in der Philosophie und Ethik fasziniert. In meiner Doktorarbeit über soziale und ethische Implikationen seltener hereditärer chronischer Erkrankungen habe ich mich unter anderem den Fragen gewidmet, wie Autonomie und Moral zusammenhängen, ob Kollektive als moralische Subjekte verstanden werden können und wie sich Autonomie und moralische Verantwortung im Kontext von Patientengruppen zeigen. Am Beispiel von Patientenorganisationen zeige ich auf, dass sich moralische Autonomie im Sinne von Onora O’Neill in der Form von Patientenselbsthilfe manifestieren kann und Patientenorganisationen, verstanden als kollektive moralische Akteure, Träger sowohl von Autonomie als auch moralischer Verantwortung sein können.

Mit der Angewandten Philosophie habe ich mir einen Forschungsbereich ausgewählt, in dem ich angewandte Problemstellungen, aber auch die grundlegenden Fragen dahinter bearbeiten kann. Den Wechsel zwischen angewandter und theoretisch-konzeptueller Perspektive empfinde ich immer wieder als erfrischend. Meine Forschungsfragen setze ich gerne im Team und in interdisziplinären Arbeitskontexten um, und verbinde sie teilweise auch mit qualitativer empirischer Forschung. In verschiedenen Projektarbeiten habe ich zum Beispiel qualitative Interviewstudien durchgeführt, um die Perspektiven der Betroffenen in meine Forschung einfließen zu lassen. Dabei profitiere ich von meiner philosophischen Ausbildung dahingehend, dass ich zum Beispiel in der Datenanalyse auf konzeptuell-theoretische Arbeitsweisen und Konzepte zurückgreifen kann. Gleichzeitig ist die Frage, wie konzeptuelle und empirische Methoden fruchtbar zusammengebracht werden können, eine Herausforderung, die meine Forschung begleitet.

Neben der Abwechslung, die meine wissenschaftliche Arbeit mit sich bringt, begeistert mich immer wieder die Möglichkeit, Ideen und Projekte aus meinen eigenen Interessen heraus zu entwickeln: Zum Beispiel habe ich das Netzwerk „Junge Medizinethik“ (JMED) sowie die AEM Arbeitsgruppe „Feministische Perspektiven in der Bio- und Medizinethik“ (FME) (mit)gegründet. Ich arbeite in der Redaktion des deutschsprachigen Philosophie-Blogs Praefaktisch und bin in verschiedenen Arbeitsgruppen zur Digitalethik und Medizinethik aktiv. Und auch in Zukunft soll sich meine Forschung auf den Gebieten Medizinethik, Digitalisierung und Feministische Philosophie bewegen.

Mehr Informationen / Kontaktdetails

Dr.in Regina Müller, M.A.

Arbeitsgebiet[e]: Angewandte Philosophie; Bio-/Medizinethik; Technik/Digitalisierung; Feminismus

Arbeitsstelle: Institut für Philosophie, Universität Bremen

E-Mail: regina.mueller@uni-bremen.de

Twitter: @Regina_Mueller_

https://www.uni-bremen.de/philosophie/personen/alphabetische-liste/profil/idm/25956?cHash=05f3791b76763588464fc6d094311edb

https://www.junge-medizinethik.de/

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