PhotoMBJIch bin seit August 2015 Assistant Professor am Department of Philosophy der University of Miami. Zuvor war ich Research Fellow am Zukunftskolleg und am Fachbereich Philosophie der Universität Konstanz und Ko-Direktorin einer DFG Emmy Noether Forschergruppe zum Thema „Understanding and the A Priori“. Ich arbeite vor allem in Philosophie des Geistes und Erkenntnistheorie, habe aber auch ernsthaftes Interesse an Sprachphilosophie, Wissenschaftstheorie und Phänomenologie. Ich habe bisher über folgende Themen geforscht und publiziert: Intentionalismus in der Philosophie des Geistes, die Anwendung der zwei-dimensionalen Semantik auf Theorien des Gehalts bewusster Erlebnisse, Begriffsanalyse, Sprachverstehen, apriorisches Wissen, Gedankenexperimente und rationales Überlegen.

Mein derzeitiges Hauptprojekt beschäftigt sich mit der Imagination (oder Vorstellungskraft). Das erste, woran die meisten von uns im Zusammenhang mit Imagination denken, ist unsere Fähigkeit fantastische und oft ästhetisch wertvolle fiktionale Charaktere, Szenarien und Geschichten zu erschaffen. Aber Imagination spielt auch eine wichtige Rolle beim Erwerb von Wissen: Wenn wir uns entscheiden, wie wir handeln sollen, wenn wir die Gedanken und Emotionen unserer Mitmenschen lesen, wenn wir Gedankenexperimente betreiben, machen wir von unserer Fähigkeit uns nicht-aktuale Szenarien vorzustellen Gebrauch. Diese Rolle der Imagination hat in der analytischen Philosophie bisher wenig Beachtung gefunden. Die entscheidende Frage, der ich nachgehe, ist die Frage, ob die Rolle der Imagination in diesen kognitiven Projekten tatsächlich eine epistemische Rolle ist. Ist Imagination tatsächlich eine Quelle von Rechtfertigung und nicht bloß eine heuristische Hilfskapazität? Die Orthodoxie in der neueren philosophischen Tradition seit Wittgenstein und Sartre ist der Ansicht, dass Imagination keine rechtfertigende Rolle spielen kann, weil wann wir uns etwas vorstellen und was wir uns vorstellen, unter unserer Kontrolle ist, und weil das Reich der Imagination, anders als unsere Realität, unbegrenzt ist. Ich versuche zu zeigen, dass diese Orthodoxie wichtige Merkmale der Imagination übersieht.

Manche Philosophen behaupten, dass Imagination uns zwar nicht sagen kann, was tatsächlich der Fall ist, dass Imagination aber ein guter Wegweiser dazu ist, was (metaphysisch) möglich ist. Das Problem ist, dass es in dieser modalen Erkenntnistheorie komplett mysteriös bleibt, warum und wodurch Imagination uns über den Bereich des Möglichen unterrichten könnte. Mein Ansatz ist es, die erkenntnistheoretischen Fragen über die Imagination auf der Grundlage einer detaillierten Erforschung der Imagination als einer psychologisch realisierten kognitiven Kapazität zu thematisieren. Dem Wesen nach ist Imagination eine Simulationsfähigkeit. Wenn wir uns vorstellen, eine rote Kirsche zu sehen, dann versetzen wir uns in die Perspektive eines möglichen Subjektes, das eine Wahrnehmungserfahrung einer roten Kirsche hat. Ich entwickele und verteidige eine spezifische Simulationstheorie der Imagination und erkläre, wie diese Theorie uns erklären kann, dass Imagination uns Rechtfertigung für interessante Überzeugungen über die Struktur unserer Erfahrung und über die Struktur unserer Welt gibt.

Ich glaube, dass diese Untersuchung der Imagination aus der Perspektive der Philosophie des Geistes und der Erkenntnistheorie zugleich uns interessante und überraschende Tatsachen über diese faszinierende kognitive Kapazität erschließt, wie die beiden folgenden: Obwohl Imagination ihrem Wesen nach mentale Erfahrungen wie Wahrnehmungen simuliert, kann Imagination uns apriorische Rechtfertigung liefern. Und, obwohl wir in Imagination die Perspektive anderer Subjekte annehmen können, indem wir uns etwa vorstellen, Napoleon zu sein, bleibt jeder Imaginationsakt immer egozentrisch.

Es gibt auch ein zweites Projekt, das mich derzeit viel beschäftigt: Ich untersuche die Psychologie und die Erkenntnistheorie unserer Fähigkeit des rationalen Überlegens. Ich versuche zu zeigen, daß rationales Überlegen nicht nur Rechtfertigung von den Prämissen auf die Schlußfolgerung überträgt, sondern auch neue Rechtfertigung generiert. Allgemeiner glaube ich, dass wir eine ganze Reihe von kognitiven Kapazitäten besitzen, die es uns erlauben, basale Information zu interpretieren – bzw. zu erkennen, was aus was folgt – und dass diese kognitiven Kapazitäten eine Dimension unserer Rationalität ausmachen, die in der Erkenntnistheorie mehr Beachtung finden sollte.

Ich bin gebürtige Polin, bin 1988 – also knapp vor der Wende – mit meiner Familie in die Bundesrepublik Deutschland immigriert und im Rheinland aufgewachsen. Studiert habe ich Philosophie und Literaturwissenschaften an der Universität Bonn. Promoviert habe ich mit einem Stipendium der Studienstiftung des Deutschen Volkes an der Universität zu Köln, wobei ich den Großteil meiner Promotionszeit nicht in Deutschland, sondern an der Australian National University in Canberra und an der University of California in Davis, USA verbracht habe. Nach einer einjährigen Tätigkeit als Lecturer an der UC Davis und einem Post-Doc an der Australian University kehrte ich 2009 nach Deutschland zurück, um zusammen mit meinem Kollegen und Partner Brendan Balcerak Jackson eine durch die DFG bewilligte Emmy Noether Forschergruppe zum Thema „Understanding and the A Priori“ an der Universität zu Köln aufzubauen. 2013 zogen wir mit unserer Gruppe an die Universität Konstanz, um zusätzlich neue individuelle Projekte am interdisziplinären Zukunftskolleg zu verfolgen. In meinem Fall ist dies das Projekt über „Imagination und Reasoning“.

Ich bin nicht nur Philosophin, sondern auch Mutter einer tollen einjährigen Tochter, Leseratte, passionierte Weltbereiserin, und Yoga-Schülerin. Mehr über mich als Philosophin und viele meiner Arbeiten findet man aber unter:
http://www.mbalcerakjackson.net