Hilkje HänelIch bin seit dem Sommersemester 2012 Doktorandin bei Mari Mikkola an der HU Berlin. Meine Arbeit schreibe ich über den Begriff der Vergewaltigung. Mein Forschungsschwerpunkt liegt dementsprechend in der analytisch feministischen Philosophie – insbesondere bei den Themen Vergewaltigung und Haslangers „ameliorative projects“. Des Weiteren interessiere ich mich für Wittgensteins Familienähnlichkeitstheorie (und andere „cluster concepts“), partikularistische Positionen in der Moral, Sozialphilosophie und Kritische Theorie.

Ich habe zunächst ein Jahr am European College of Liberal Arts (mittlerweile umbenannt zu Bard College Berlin) in Berlin studiert (2006-2007), wobei vor allem die Philosophie sowie die Literatur- und Politikwissenschaften mein Interesse geweckt haben. Danach habe ich meinen Bachelor in Philosophie und Anglistik an der Georg-August-Universität Göttingen gemacht (2007-2010) und bin dann für meinen Master in Philosophie an die Universität Sheffield (2010-2011) gegangen. Nun bin ich wieder in Berlin und promoviere, wobei ich das Glück hatte zunächst Stipendiatin der Carl und Max Schneider Stiftung zur Förderung der Philosophie zu sein und mittlerweile zum Stipendiatinnen- und Stipendiaten-Kreis der Friedrich Ebert Stiftung zu gehören.

Meine Arbeit beschäftigt sich mit dem Problem, eine allgemein-gültige Definition für den Begriff ‚Vergewaltigung‘ zu finden. Die Arbeit befasst sich also sowohl mit Bereichen der praktischen Moralphilosophie als auch mit Bereichen der theoretischen analytischen Philosophie.
Die Arbeit baut dabei auf Thesen von Eric Reitan über den Begriff der Vergewaltigung auf. Diese haben eine gewisse intuitive Attraktivität. Knapp zusammengefasst argumentiert Reitan, dass der Begriff der Vergewaltigung normative Signifikanz besitzt und daher für mögliche Diskurse offen bleiben muss – wir sollten den Begriff als essentiell umstritten verstehen. Die Attraktivität des Projekts rührt, meiner Meinung nach, daraus, keine allgemein-gültige Definition (eine Definition mit notwendigen und hinreichenden Bedingungen) zu geben. Wir brauchen beispielsweise nur die rechtliche Definition von Vergewaltigung mit diversen Bild-Zeitungs-Artikeln zum Thema zu vergleichen, um konträre Positionen zu erkennen. Auch unsere eigenen Intuitionen divergieren wahrscheinlich mit den eben genannten Quellen. Angelehnt an Reitans Überlegungen bin ich also der Auffassung, dass es keine allgemein-gültige Definition für den Begriff ‚Vergewaltigung‘ geben kann. Allerdings verfolge ich eine andere Ausbuchstabierung als die von Reitan vorgeschlagene. Wittgensteins Familienähnlichkeitstheorie oder eine andere Art von „cluster concept“ für eine philosophische Abhandlung über den Begriff ‚Vergewaltigung‘ zu benutzen scheint vielversprechender zu sein. Des Weiteren beschäftigt sich die Arbeit mit Sally Haslangers Ausarbeitungen über philosophische Begriffsanalysen. Haslanger unterscheidet dabei zwischen drei verschiedenen Projekten: dem begrifflichen Projekt (Was ist unser Begriff von X?), dem deskriptiven Projekt (Welche objektiven Arten markiert unsere Benutzung von X?) und dem ameliorativen Projekt (Welchen Begriff von X sollten wir benutzen?). Obwohl die Abwesenheit einer allgemein-gültigen Definition philosophisch die beste Theorie aufwirft, brauchen wir zumindest im rechtlichen Rahmen eine Definition. Diese zu finden ist ein amelioratives Projekt.

Abgesehen von den Untersuchungen zu meinem Promotionsprojekt arbeite ich außerdem an der Frage, inwieweit Sally Haslangers Arbeit zu ameliorativen Projekten helfen könnte, das Problem „Frauen in der Philosophie“ besser zu verstehen. Weiterhin bin ich gerade, zusammen mit Katharine Jenkins (Universität Sheffield), dabei, einen Aufsatz zu der Relation von Freundschaften und romantischen (Zweier-)Beziehungen zu verfassen.

Fragen und Anregungen (oder auch einfach Diskussionen) zu meiner Arbeit oder meinen Interessen nehme ich gern entgegen: hilkje [dot] haenel [at] nitedogs-mail [dot] de.