Glossar

1. Eltern

Eltern steht allgemein für Menschen mit Betreuungsaufgaben. Alle Punkte beziehen sich gleichermaßen auf Eltern in diesem Sinne. Dennoch sollte berücksichtigt werden, dass Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit in der Regel für Mütter eine grundlegendere Veränderung bedeuten als für andere Eltern.

2. Implizite Vorurteile

Diese speisen sich aus größtenteils unbewussten Annahmen, Assoziationen, Vorurteilen und Erwartungen, die wir haben, um die Welt zu organisieren. Zunächst einmal sind solche Assoziationen nichts Schlechtes, möglicherweise sind sie sogar notwendig. Es gibt allerdings mit sozialen Gruppen (wie beispielsweise Gender oder Race) assoziierte Schemata, die viel Schaden anrichten, indem sie z.B. beeinflussen, wie wir Personen und deren Leistungen bewerten und evaluieren. Mehrere Studien zu Lebenslaufsbewertungen illustrieren diesen Punkt: Gleichwertige Bewerbungen von Kandidat_innen unterschiedlichen Geschlechts werden ungleich eingeschätzt. Lebensläufe männlicher Kandidaten werden öfter als hochwertig eingestuft. Das heißt: unsere unbewussten Vorannahmen verursachen unfaire und ungleiche Leistungsbewertungen, was vielleicht in der Philosophie unter anderem Frauen benachteiligt, weil ihre philosophischen Beiträge womöglich unbewusst als schlechter bewertet werden.

3. Sexuelle Belästigung

Die EU definiert ‚Sexuelle Belästigung’ folgendermaßen: Ein Fall sexueller Belästigung liegt dann vor, „wenn ein geschlechtsbezogenes Verhalten, das sich in verbaler, nichtverbaler oder physischer Form äußert, die Verletzung der Würde einer Person oder die Schaffung eines durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Herabsetzungen, Demütigungen, Beleidigungen oder Verstörungen geprägten Umfelds bezweckt oder bewirkt“. Dies betrifft gleichermaßen Belästigung in Bezug auf Geschlecht (z.B. feindliche und abwertende Kommentare gegenüber Frauen, diese müssen nicht direkt sexueller Natur sein) und Belästigung explizit sexueller Natur. Belästigung in Bezug auf die sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität wird normalerweise auch unter sexuelle Belästigung gefasst. Sexuelle Belästigung, wenn wie hier definiert, ist nicht eingegrenzt auf eins-zu-eins-Interaktionen. Im Gegenteil: Auch generelle Kommentare, welche etwa in Vorlesungen oder Seminaren ausgesprochen werden und nicht auf Individuen, sondern auf Gruppen zielen, sind Fälle sexueller Belästigung.

Studien zur Häufigkeit sexueller Belästigung: Der repräsentativen Untersuchung „Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend von 2004 zufolge haben insgesamt 58,2 % aller befragten Frauen Situationen sexueller Belästigung erlebt, sei es in der Öffentlichkeit, im Arbeits- und Ausbildungskontext oder im sozialen Umfeld. Nach einer EU-Studie zur sexuellen Belästigung aus dem Jahr 2014 („Violence against Women: an EU-wide survey“ von der European Union Agency for Fundamental Rights) haben drei von fünf Frauen in Deutschland seit ihrem 15. Lebensjahr sexuelle Belästigung erlebt, ein Drittel von ihnen im Umfeld ihrer Arbeit. Institute sind deshalb dazu angehalten, sich ernsthaft mit dem Problem der sexuellen Belästigung auseinanderzusetzen, auch wenn ihres Erachtens keine oder wenig Fälle am eigenen Institut vorkommen.

Sexuelle Belästigung: Zur Gesetzeslage
In Deutschland ist die Rechtslage bei sexueller Nötigung im §177 StGB geregelt, in der Schweiz im Artikel 189 des Schweizerischen Strafgesetzbuches, in Österreich wird sexuelle Nötigung im StGB §202 geregelt.

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz:
http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/agg/gesamt.pdf

Die EG-Richtlinie 2002/73 fordert darüber hinaus Arbeitgeber_innen explizit dazu auf, vorbeugende Maßnahmen zur Beseitigung bzw. Verhinderung jedweder Form von Belästigung vorzunehmen. In diesem Sinne dient dieser Reader als Leitfaden für ebensolche vorbeugenden Maßnahmen.

Sexuelle Belästigung: Beispiel
Nicht selten ist sexuelle Belästigung eine Form der Machtdemonstration. So geht etwa sexuelle Belästigung an Frauen häufig mit einer Geringschätzung ihrer akademischen Fähigkeiten einher. Hierfür ein Beispiel: In einer Evaluation einer Tutorin wurde bemerkt, dass „ihr Mangel an didaktischen Fähigkeiten durch ihr gutes Aussehen ausgeglichen“ worden wäre. Dieser Art des Umgangs, gerade mit Nachwuchswissenschaftler_innen, kann häufig von Seite der Professor_innen entgegen gewirkt werden, indem etwa Tutor_innen den Studierenden explizit als fachlich kompetente Personen vorgestellt werden. Auf diese Weise wird die fachliche Achtung vor der Person durch die nächsthöhere Autorität kommuniziert. Kommen solche abwertenden Kommentare dennoch vor, ist es nicht nur Aufgabe der Tutorin, den Studierenden ein entsprechendes Feedback zu ihrer Evaluationskultur zu geben, sondern auch und vor allem an der jeweiligen Professorin/dem jeweiligen Professor.

Information zu Anlaufstellen

Mögliche Einwände und Erwiderungen

4. “Stereotype Threat”/ Bedrohung durch Stereotype

Hierbei handelt es sich um eine Beeinflussung unserer eigenen Leistung. Wird ein Mitglied einer mit Vorurteilen belegten Gruppe vor bestimmten Aufgaben an seine Gruppenzugehörigkeit erinnert, so erbringt diese Person schlechtere Leistungen. Zum Beispiel wird die Mathematik-Prüfungsleistung von Frauen schlechter, wenn sie auf Gender ‚geprimed’ sind (vor einem Test an ihre Gender-Gruppenzugehörigkeit erinnert werden). Eine mögliche Erklärung ist die Bedrohung durch Stereotype: Frauen werden auf negative Vorurteile über ihre Gruppenzugehörigkeit aufmerksam gemacht, was eine Art Angst, das Vorurteil zu bestätigen, kreiert. Diese Angst hat dann einen negativen Effekt auf die Leistung von Frauen, weil sie sich weniger selbstsicher fühlen und viele ihrer kognitiven Ressourcen verbrauchen, um diese Unsicherheit zu überwinden. Nicht nur geschlechtsspezifische Stereotype sondern auch andere, z.B. bezogen auf die vermeintliche Herkunft, können auf diese Weise bedrohlich werden.