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Seit Februar 2019 arbeite ich als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Philosophischen Institut II der Ruhr-Universität Bochum. Ich bin im Rahmen des Drittmittel geförderten Projektes ‚Die Struktur und Entwicklung des Verstehens von Handlungen und Gründen‘ angestellt und in der wissenschaftlichen Organisation des neugegründeten ‚Center for Mind and Cognition‘ tätig. Ich habe im April 2019 unter der Betreuung von Prof. Albert Newen (RU Bochum) und Prof. Colin Klein (ANU) promoviert. Meinen Masterabschluss in Philosophie und meinen Bachelorabschluss in Philosophie und Psychologie habe ich an der RFWU Bonn erlangt.

Mein Forschungsschwerpunkt liegt in der empirisch ausgerichteten Philosophie des Geistes. In meiner Doktorarbeit habe ich mich vor allem mit Phänomenen körperlicher Wahrnehmung beschäftigt. Im Besonderen habe ich versucht die Natur physischer Schmerzen im Rahmen einer empirisch adäquaten Theorie – unter Berücksichtigung psychologischer, neurowissenschaftlicher, medizinischer und evolutionsbiologischer Erkenntnisse – zu erfassen. Darüber hinaus erstreckt sich meine aktuelle Forschung auf zwei weitere Bereiche. Zum einen beschäftige ich mich mit der Frage wie wir die Schmerzen anderer Lebewesen wahrnehmen, wie diese Wahrnehmung verarbeitet wird und welche Rolle diese für empathische Handlungen spielt. Zum anderen untersuche ich den Zusammenhang zwischen körperlichen Schmerzen und sozialen Schmerzen, wie beispielsweise Einsamkeit oder Depression. Im Folgenden will ich einige Kernaspekte meiner bisherigen Schmerzforschung näher erläutern.

Körperliche Schmerzen werden gemeinhin über ihr phänomenales Erleben charakterisiert, d.h., dass allen Schmerzen ein einzigartiges subjektives Gefühl zugrunde liegt. Dies ist jedoch nur der Ausgangspunkt der eigentlichen Schmerzforschung. Die meisten Wissenschaftler_innen suchen nach einer Eigenschaft, die allen Schmerzen und nur Schmerzen gemein ist, unabhängig von ihrem phänomenalen Erleben. Die Identifizierung einer solchen Eigenschaft ist von besonderer Bedeutung, da diese dazu verwendet werden kann das Auftreten von Schmerzen zu erklären, vorherzusagen und letztendlich auch zu vermeiden. Unterschiedliche Forschungsgebiete untersuchen hierbei unterschiedliche Arten von Eigenschaften, wie die psychologischen Aspekte von Schmerzen und deren neuronale Korrelate oder die kausalen Beziehungen von Schmerzen und deren biologische Funktionen.

Unter Berücksichtigung verschiedener empirischer Forschungsbereiche versuche ich aufzuzeigen, dass es keine Eigenschaft gibt, die allen Schmerzen und nur Schmerzen (abseits ihres phänomenalen Erlebens) gemein ist. Dies hat zwei Gründe. Zum einen unterscheiden sich verschiedene Schmerztypen in signifikanter Weise voneinander. Akute und chronische Schmerzen sind beispielsweise mit abweichenden psychologischen und neuronalen Prozessen verbunden. Ebenso weisen Verbrennungsschmerzen, Geburtsschmerzen, Kopfschmerzen und Bauchschmerzen unterschiedliche Ursachen und biologische Funktionen auf. Zum anderen ähneln manche Schmerzen deutlich stärker anderen körperlichen Wahrnehmungen, wie Juckreiz, Hunger, Atemnot oder Fieber.

Nichtsdestotrotz, versuche ich aufzuzeigen, dass eine wissenschaftlich sinnvolle Theorie von Schmerzen möglich ist. Im Zuge dessen entwickele ich in Referenz auf Ludwig Wittgenstein eine Theorie der sogenannten Familienähnlichkeit. Entsprechend bilden Schmerzen die Mitglieder einer komplexen Familie, die durch Ähnlichkeitsbeziehungen miteinander verknüpft sind, auch wenn ihnen keine auszeichnende psychologische, neuronale, kausale oder biologische Eigenschaft gemein ist. Ein zentrales Ziel meiner Arbeit ist es dabei aufzuzeigen, welchen wissenschaftlichen Nutzen die Anwendung der Familienähnlichkeitstheorie haben kann, vor allem in Bereichen der Diagnostik und Therapie. So versuche ich beispielsweise darzulegen, wie Familienähnlichkeiten mit Hilfe von selbstlernenden Systemen auf Grundlage bildgebender Verfahren identifiziert werden können oder wie bestimmte Behandlungsmethoden effektiv von einem Schmerztypen auf einen anderen übertragen werden können. Weiterhin weite ich dieses generelle Modell der Familienähnlichkeit auf andere körperliche Wahrnehmungen, wie Juckreiz, aus.

Im Rahmen meiner neuen Forschungsstelle rücken auch die sozialen Dimensionen von Schmerzen in den Fokus und zwar in zweifacher Hinsicht. Erstens untersuche ich welche Rolle die Schmerzen anderer Personen auf unser eigenes phänomenales Erleben und Handeln haben. Wie erkenne ich zum Beispiel, ob eine andere Person leidet? Wie fühlt es sich für mich an mit dieser Person Mitleid zu empfinden? Unter welchen Umständen zeige ich darauf hin altruistisches Verhalten? Und welche Rolle spielen Schmerzen in der Erklärung der Verhaltensweisen anderer Menschen? Zweitens untersuche ich das enge Verhältnis zwischen physischen Schmerzen und sogenannten sozialen Schmerzen, dass beispielsweise bei psychologischen Erkrankungen, wie dem Borderline Syndrom oder Depressionen, eine entscheidende Rolle zu spielen scheint. Dieses enge Verhältnis zu verstehen bedeutet dabei auch mögliche Ansätze für Behandlungen zu erschließen.

Grundlegende Angaben zu meiner Forschung sind über mein Universitätsprofil zugänglich: https://www.ruhr-uni-bochum.de/philosophy/staff/newen/mitarbeiter/coninx/

Weitere Informationen, Veröffentlichungen, usw. sind in Kürze unter folgender Adresse zu finden: www.coninx.de

Ich freue mich über Kommentare, Anregungen und/oder Fragen.